Hast du das auch schon mal erlebt?
Du gehst durch deinen Garten oder einen Park und fühlst auf einmal eine wundervolle Verbundenheit mit deiner Umgebung, mit den Bäumen, Blumen, den summenden Insekten. Aber weil das ja gar nicht sein kann, tust du es als Sentimentalität des Augenblicks ab.
Oder du weißt in einer bestimmten Situation plötzlich etwas mit innerer Gewissheit, aber du kannst es nicht beweisen. Zu sagen „Mein Gefühl sagt mir, dass das so und so ist.“, kommt für dich nicht in Frage, den Spott deiner Mitmenschen kannst du dir auch sparen.
Manchmal fragst du dich ernsthaft, ob alles mit dir stimmt, wenn du mal wieder genau den Gemütszustand deines Gegenübers fühlen konntest, obwohl du ihn nicht kennst und er noch kein Wort gesagt hat.
Diese Dinge passen einfach nicht in das Weltbild, das du gewöhnt bist, das sich dir von Geburt an durch die Gesellschaft, Schule und Umfeld eingeprägt hat.
Hast du dir mal überlegt, dass mit dir alles stimmt, aber vielleicht etwas am Weltbild „falsch“ sein könnte?
Wäre das nicht ein ungehöriger Gedanke, der eigentlich gar nicht erst gedacht werden dürfte? Weil er alles in Frage stellen würde, alles auf den Kopf stellen würde, was du kennst, wie du lebst, wie deine Sicht auf die Welt geprägt ist?
Vielleicht macht dieser ungeheure Gedanke dir auch Angst…
Hast du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, welches Weltbild du hast? Was du über dich, die Gesellschaft, die Wahrheit denkst? Nimmst du das, was sich dir präsentiert und erzählt wird, weil alle es so machen und weil es eben so ist, als gegeben hin? Hast du die Art, wie du denkst, sprichst und handelst, jemals in Frage gestellt? Und stimmt für dich nur dann etwas, wenn die Wissenschaft es für wahr befindet?
Oder geht es dir vielleicht wie mir damals, dass ich an der Wirklichkeit, der harten Realität, verzweifelt bin? Ich spürte, dass das, was man mir erzählte, nicht alles war. Die Welt war so hart, so grau, so leblos. Aber ich spürte doch, dass da noch mehr war. Etwas, das man nicht greifen kann, aber fühlen. Etwas Buntes, Lebendiges, um mich herum, etwas das immer da ist.
Aber niemand außer mir sah es, niemand nahm es wahr. Ich wurde ausgelacht und sogar zum Teil „geächtet“, wenn ich jemandem von meinen Empfindungen und Erlebnissen erzählte.
Und als ich dann mein Landschaftsökologie Studium begann, wurde es noch schlimmer. Ich wollte durch das Studium der Natur näher kommen. Und ich lernte wirklich viele wundervolle Dinge, die mich mit Freude und Begeisterung erfüllten. Doch für die Wissenschaft ist die Erde ein toter Materieklumpen und die Natur ist den Gesetzen des Überlebenskampfs und der Konkurrenz unterworfen.
Für meine Diplomarbeit tötete ich Käfer und musste aus den Körpern die Genitalien herauspulen. So kann man die Arten mit Gewissheit bestimmen. Ich fühlte mich nicht nur wie ein Mörder, sondern auch noch wie ein Leichenschänder. Beim Gedanken an das Bestimmungsbuch, in dem lauter Käfergenitalien abgebildet sind, wird mir jetzt noch schlecht. Es gab in der wissenschaftlichen Welt keinen Geist, keine Seele, kein Gefühl.
Das war nicht die Wirklichkeit, wie ich sie wahrnahm. Diese Wirklichkeit war unvollständig. Das Heilige wurde ihr komplett abgesprochen. Es fehlte das Magische, das Lebendige, das Beseelte, das Poetische, das Gefühl, die Ehrfurcht, der Respekt.
Mensch und Natur werden immer als etwas Getrenntes gesehen. Aber ist der Mensch nicht auch Natur?
Und ist das Heilige wirklich fort?
Oder hat die Entzauberung der Welt vielleicht nur in unseren Köpfen stattgefunden?
Wenn ja – wann hat es begonnen?
Wann haben wir angefangen, nur noch der Wissenschaft zu glauben, anstatt auf unsere Wahrnehmung und unsere ureigene Intuition zu hören?
Wann haben wir begonnen, etwas nur dann als real, als die Wahrheit zu erachten, wenn man es wiegen, messen und sehen kann?
Und kann man das Leben wirklich finden, wenn man Lebewesen aufschneidet und in die kleinsten Bestandteile zerteilt?
Was ist mit unserer uralten, engen Beziehung zur Natur?
Was ist mit dieser inneren Zerrissenheit, der Sinnlosigkeit, der Entfremdung, die heute so viele Menschen verspüren? Der Sehnsucht nach Verbundenheit, nach einer lebendigen heiligen magischen Welt um uns herum?
Und was wäre, wenn wir in beiden Welten leben könnten – weil sich beide nicht widersprechen, sondern wie Yin und Yang zwei Teile einer Wirklichkeit sind?
Ich habe mir diese Fragen gestellt und bin bei meinen Recherchen auf wunderbare Antworten gestoßen.
„Die gewöhnliche Welt ist schon verzaubert. Die verzauberte Welt ist kein Phantasiegebilde und keine Zukunftshoffnung; sie ist real, und sie existiert jetzt. Was uns daran hindert, die verzauberte Welt hier und jetzt wirklich zu sehen, ist die Tote-Welt-Geschichte, die wir uns selbst und einander erzählen.“ Jeremy W. Hayward
Wusstest du, dass das moderne westliche Weltbild erst vor etwa 400 Jahren entstand? Noch gar nicht soo lange her, oder?
Erst in dieser Zeit entstand eine Kluft zwischen Geist und Materie, die Welt wurde „entzaubert“, die spirituelle Dimension unseres Daseins geriet nach und nach ins Abseits.
Wie das passierte? Das möchte ich dir in dieser Serie zeigen. Denn wenn du auch keine Lust mehr hast, einem Weltbild zu folgen, das deinem Innersten nicht entspricht, kann dieses Wissen sehr hilfreich sein.
Ich fühle tief in meinem Herzen, dass wir in einer Zeit angelangt sind, in der es wichtig ist, die Wissenschaft und die spirituelle, feinstoffliche Ebene wieder zusammenzubringen. Denn nur dann, wenn wir das Heilige wieder in die Landschaft bringen, in die Natur und somit zu uns selbst, können wir wieder ganz sein, heil sein, verlieren wir die Angst, in einer sinnlosen, chaotischen Welt einsam und isoliert zu bleiben.
Und so können wir auch zusammen mit der Erde wieder heil werden.
Anfangs hatte ich Angst, meine Gedanken und Gefühle, meine Postion laut auszusprechen. Kann ich als Landschaftsökologin für eine beseelte, belebte Welt sprechen, ohne meine Glaubwürdigkeit zu verlieren? Und kann ich als hellfühliger und empathischer Mensch zugleich auch wissenschaftliche Ansätze verfolgen?
Aber die wissenschaftliche Betrachtung ist ja nicht per se falsch oder schlecht, nur unvollständig. Und auf der anderen Seite: nur in höheren feinschwingenden Sphären unterwegs zu sein, tut uns auch nicht gut.
Wir brauchen beides: Die Erdung und die Magie, das Lebendige, das Zauberhafte und Heilige im Leben.
Wir dürfen uns wieder verwurzeln und wir dürfen wieder die Magie in unser Leben einladen: sie widersprechen sich nicht!
Denn die Entzauberung hat nur in unseren Köpfen stattgefunden.
Wir waren nie getrennt. Wir sind immer noch verbunden. Das ist die gute Nachricht.
Wie geht es weiter?
In den nächsten Artikeln zeige ich dir, wo die Wurzeln unseres heutigen Weltbilds liegen, wie du die Geschichte der toten Welt wieder in eine verzauberte, magische Welt verwandelst, dass du deiner Intuition und Wahrnehmung vertrauen und trotzdem weiterhin erdverbunden deinen Alltag „normal“ weiterleben kannst.
Damit du selbstbestimmt und verbunden in einer lebendigen Welt leben kannst, die ihre Magie, die du als Kind gespürt hast, nie verloren hat.